von Aleksandra Wrobel und Raya Vasleninova
„Der performative Raum“ von Erika Fischer-Lichte
Laut Erika Fischer-Lichte kann eine Räumlichkeit grundsätzlich nicht mit einem Raum gleichgesetzt werden. Dieser hat einen festen Grundriss und Geometrie und bleibt selbst nach langer Zeit unveränderbar. Eine Räumlichkeit ist im Gegensatz dazu, flüchtig und transitorisch und wird erst durch eine Aufführung hervorgehoben.
Sie definiert insbesondere den performativen Raum. Dieser kann beispielsweise ein Theaterraum sein, sowohl fest installiert als auch provisorisch errichtet. Spezifische performative Räume können besondere Bedingungen für Zuschauen und Schauspieler festlegen und ihnen somit andere Möglichkeiten der Wahrnehmung eröffnen. Diese Räume müssen dennoch nicht streng festgelegt werden. Fischer-Lichte behauptet, dass man ohnehin nicht vorhersehen oder zwingend planen kann, wie der Raum genutzt werden soll. Dadurch wird das Verhältnis von Akteuren und Zuschauern verändert und die Möglichkeit zur Bewegung und Wahrnehmung neu definiert.
Letztlich soll immer eine Gemeinschaft aus Akteuren und Zuschauern gebildet werden.
Erika Fischer-Lichte greift außerdem auf die damaligen historischen Theaterformen, -modelle und die dafür verantwortlichen Theaterreformer und Avantgardisten zurück. Es wurden Originalschauplätze geschaffen, diese waren Orte und Räume, welche eine thematische Beziehung zum aufgeführten Stück aufwiesen.
Es wurden außerdem neue Theatergebäude gebaut, welche variable Raumnutzungsmöglichkeiten eröffnet haben. Durch Umgestaltung der Räume sollten in den Zuschauern bestimmte Wahrnehmungen und Verhaltensweisen geweckt und hervorgerufen werden.
Des Weiteren beschreibt die Autorin eine Art Wendung, ein Exodus aus den Theatergebäuden, welcher in den sechziger Jahren stattgefunden haben soll. Es wurden neue Spielräume wie Fabriken, Schlachthäuser, Bunkern oder Markthallen benutzt, welche ursprünglich nicht als Aufführungsräume vorgesehen waren und dadurch keine klaren Vorgaben für das Verhältnis von Akteuren und Zuschauern vorgegeben haben.
Durch solchen Räumen konnte man feststellen, dass es die Aufführung war, welche das Verhältnis zwischen Akteuren und Zuschauern bestimmte und die Möglichkeiten für Bewegung und Wahrnehmung ermöglichte. Insbesondere war die Aufführung insofern grundlegend, dass erst durch sie, die Räumlichkeit hervorgebracht werden konnte.
Dabei stehen drei Verfahren zur Intensivierung der Performativität des Raums hervor: als Erstes die Verwendung eines (fast) leeren Raums, als Nächstes die Schaffung eines spezifischen räumlichen Arrangements und zuletzt die Verwendung anderweitig genutzter Räumen.
Alle drei Verfahren stellen den performativen Raum als einen sich ständig verändernden Raum dar, in welchem die Räumlichkeit erst durch die Bewegung und Wahrnehmung von Akteuren und Zuschauern entsteht.
Zuletzt greift Erika Fischer-Lichte den Punkt Atmosphären in Zusammenhang mit dem performativen Raum auf. Sie beschreibt den performativen Raum ebenfalls als auch einen atmosphärischen Raum. Die oben genannte Gebäude, wie die Fabriken, Schlachthäuser oder Bunkern besitzen alle ganz spezifische und eigene Atmosphären. Somit entstehen Räumlichkeiten nicht nur durch eine spezielle Verwendung, sondern auch durch eine besondere Atmosphäre.
Die Umgebung und somit die Atmosphäre spielen eine große Rolle, da sie das Erste sind, was auf die Zuschauer einwirkt und ihre Wahrnehmung beeinflusst. Es ist jedoch die Gesamtheit, welche elementar ist und nicht die einzelne Elemente. Die Atmosphäre ist dafür verantwortlich, dass eine ganz spezifische Erfahrung von der Räumlichkeit ermöglicht wird.
Es werden zum Beispiel Gerüche eingesetzt, durch welche man einen bestimmten Eindruck in sich hinein lassen kann. Fischer-Lichte zitiert den Soziologen Georg Simmel, indem sie sagt, dass dies eine der intimsten Wahrnehmungen ist. Jedoch sind nicht nur Gerüche prägend, es kann ebenfalls einen starken Einfluss durch Licht und Laute geben. Sie kann man nicht nur mit dem Auge, sondern auch mit der Haut wahrnehmen.