Umwandlung / Raum bilden / Abgestoßen

Ein Film von Samuel Danke und Lucas Woelfl
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„Erkennen und Gestalten, Enthüllen und Hülle-Bilden sind die Prozesse, in denen sich […] menschliche Existenz vollzeiht. Das dazwischenliegende Erleben entspricht dem Moment der Begegnung, in dem alle Zweiheit zur Einheit verschmilzt.“
Rudolf Steiner


Ein Raum ist eine zeitliche Abbildung eines oder mehreren menschlichen Individuen. So wie sich
das Individuum mit der Zeit verändert, ändert sich auch der Raum.
Es besteht also eine ganz subtile, dynamische Wechselwirkung zwischen diesen beiden Akteuren.
Ein Baukörper, welcher aus unterschiedlichen Räumen besteht die unterschiedlichen Zwecken
dienen und mit verschieden Menschen in Berührung kommen, ist ein komplexes Konstrukt was
stetig an neue Bedürfnisse angepasst werden muss. Kommt es zu einem Ungleichgewicht in diesem Regelwerk so trennen sich oftmals Bauwerk und Mensch von einander.

Die Zeit scheint dann stehen zu bleiben. Sie scheint vergessen, so ist auch der Zweck des Raums
vergessen und die Nutzung eingestellt. Nun gilt es eine Umwandlung, eine Transformation durchzuführen um den Baukörper an neue Bedürfnisse und neue Menschen in einer anderen Zeit anzupassen.
Wann ist ein Raum ein Raum. Braucht dieser Wende oder gar eine Tür. Braucht es eine Grenze
oder kann sie auch transluzent, verschwimmend durch Klang, Tanz oder Bewegung entstehen.
Wir befassen und mit alten, nicht mehr genutzten Räumen, Industriebrachen, welche abgestoßen
von Ihrer ursprünglichen Aufgabe in der Zeit schweben. Unser Ziel ist die Integration dieser in
Form einer Vermittlung mit neuen Nutzern und neuen Nutzungsformen. Dabei möchten wir einen
harten Eingriff in die Bausubstanz vermeiden und nur durch leichte Eingriffe in Form von Textil,
Sound und Bewegung Räume gliedern und schaffen.

Es ist und wichtig das der dynamische Prozess Teil der Transformation bleibt und sich die Nutzung
fortwährend mit den Bedürfnissen der Nutzer und den Angeboten des Raumes ändert. Es entsteht
eine nicht zu unterschätzende Wechselwirkung beider Parteien.
„Das gemeinsame Haus ist die Darstellung und sinnliche Vereinheitlichung jener äußerlich lokalen
Berührung, ohne die primitive Epochen sich überhaupt kein innerliches Zusammensein denken können. […]
Der Tempel ist doch nicht nur der Sammelplatz der Gläubigen und insofern Ergebnis und Träger ihrer
Zusammengehörigkeit; sondern er ist auch die Sicherung und Projizierung der Tatsache, daß [sic!] die
Gottheit mit ihren Gläubigen eine örtliche Gemeinschaft hat.“
Georg Simmel

Ausgehend von Werken analytischer Denker der letzten zwei Jahrhunderte wie Bourdieu, Simmel
und Steiner begannen wir unsere Reise auf der Suche nach einem Weg, den sozialen Raum – wie
es jeder zu sein scheint – in seiner Essenz zu begreifen. ! ! ! ! ! !
Die Zuschreibung ‘moralischen‘ Wertes von Gebauter Umwelt, von seiner bloßen Betrachtung
ausgehend scheint für uns unwiderlegbar. So vermitteln u.a.: Prunk / Schlichtheit, Neubau / Zerfall,
Weite / Enge, Offenheit / Geschlossenheit; Farbigkeit, Material, Textur und Ausformung kulturell
bestimmte Wertungen, individuelle Gefühle, Haltungen und Dynamiken. Jede Kultur hat ihren
eigenen Umgang mit in solcher Weise anmutenden Bauten und damit verbundene individuelle und
kollektive, emotionale Dynamiken. Dies wird am Beispiel von sogenannten „abandoned buildings“
deutlich; für Investoren und Bürger scheinbar wertloser Gebäude die, oft fluchtartig verlassen
durch Betriebsaufgabe oder Umzug dem Zerfall ausgesetzt, Leerstehen. Auf Video-Plattformen
erfreuen sie sich dank ihres spannenden und entdeckerischen Charakters zunehmender
Beliebtheit. Aber sie stellen oft auch einen Angstraum für den sich nähernden Betrachter dar, da oft
mit Illegalität, Drogenmissbrauch und Gewalt verknüpft und sicherlich die Opportunitätsstruktur
dafür bietend.

Mit diesem Beispiel arbeitend zogen wir den Schluss, eine Intervention zu planen die einem
solchen Ort die negative Konnotation nimmt, ihn aufzuladen mit kollektiver und vor allem
künstlerischer Energie und ihn damit nutzbar zu machen für alle. Dies geschehe durch Events in
denen Wissen und Identifikationsmaterial rund um das zu bearbeitende Bauwerk den Bürgern zur
Verfügung gestellt wird. Dieses Wissen kann im Vorfeld von Zeitzeugen eingeholt werden und
damit eine Vermittlung der Geschichte und einen Generationenaustausch bewirken.
Im Vordergrund steht die emotionale Vermittlung durch Sound und Tanz um die Stätte als solche
erneut in kollektives Bewusstsein zu bringen.

Im Video begehen wir die alte Fabrik- und Verwaltungsflächen der FVK Fleisch Versorgung Köln.
Als exemplarisch für den Zerfall von „abandoned -buildings“ stehend spielen wir mit den
verschiedenen Eindrücken von Zerfall auf makro- und mikroskopischer Ebene, den Grenzen
zwischen Zerfall und Ästhetik und der inneren Einstellung zu diesen Phänomenen.
Als Ort einer oben beschriebenen Intervention vorstellbar wollen wir unser Vorgehen weiter
konkretisieren so dass es mit Genehmigung der Stadt Köln zu einer Realisierung unseres Projekts
kommen kann.

„Was […] nicht heißt, daß [sich] die Nähe im sozialen Raum (bez. Auf „Raum der sozialen Positionen und
Raum der Lebensstile“) automatisch Einheit schafft: Sie bezeichnet ein objektives Potential an Einheit oder,um mit Leibnitz zu sprechen, etwas, das zur Existenz als Gruppe >Drängt<, eine wahrscheinliche Klasse.“
Pierre Bourdieu

 

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