ICH TANZE, ES TANZT, WIR TANZEN

von Nico Golenia und Viviane Pfister


„Bewegt durch den Tanz der Dinge“ von J. Ferner

ich tanze, es tanzt, wir tanzen ist der titel unserer arbeit, inspiriert vom werk bewegt durch den tanz der dinge von j fenger. der fokus liegt dabei auf dem teilaspekt, die verbindung zwischen dem menschen und allen dingen zu erforschen. dafür muss zuerst definiert werden, was tanz eigentlich ist. grob lässt sich sagen, dass tanz eine form der übersetzung darstellt, bei der sowohl der ausgangspunkt als auch das resultat höchst variabel sein können. die frage, welche sich dabei jedoch stellt ist ob der mensch das einzige ist, was in der lage ist zu tanzen. 

dass menschen zu verschiedensten anlässen miteinander oder alleine tanzen ist schon lange tief im menschendasein verankert. sei es in form von uralten ritualtänzen oder als ausdruck überschwemmender emotionen im kleinkindsalter. 

mit der daraus resultierenden selbstverständlichkeit kommt auch schnell der glaube, dass der mensch das einzige ist, was auf der welt tanzt. werke wie das dancing house von frank gehry zeigen jedoch, dass tanz nicht nur als form der körperlichen bewegung zu verstehen ist, sondern auch in statischen dingen materialisiert werden kann. der eigene körper ist also nicht das einzige medium, durch welches ein mensch den tanz als form des ausdrucks wählen kann 

die nächste frage die sich stellt ist ob ein ding auch ohne den einfluss des menschen tanzen kann. genügt zum beispiel die geschwungene linie von einer hügellandschaft oder die bewegung von blättern durch einen windstoß um als tanzend definiert werden zu können 

in der geschichte der menschheit wurde es immer als unheimlich aufgefasst, wenn dinge menschliche züge annahmen.
die kernfrage welche sich daraus ergibt ist, was denn eigentlich den mensch menschlich macht und das ding zum ding. gibt es eine klare grenze zwischen den zwei zuständen mensch und ding? 

mensch
menschlich
unmenschlich

ab wann ist ein kind im laib der mutter ein mensch und wann verliert ein sterbender körper seine menschlichkeit? 

ist ein roboter, welcher nicht von einem menschen unterscheidbar ist, human?
ist ein in seiner erscheinung tanzendes haus humanoid? ist ein mörder nonhuman? 

und wer entscheidet das eigentlich? 

der taucher, eine abbildung gefunden auf einem uralten grabstein, zeigt einen menschen, welcher von einer erhhöhung in seinen sicheren tod springt. dadurch, dass er in dieser bewegung dargestellt wurde, wird er dazu gezwungen, diesen größten tanz nicht vollenden zu können. weil ihm diese freiheit genommen wird, wird er in seiner existenz zu einem ding. 

umgekehrt kann jedoch einem ding menschlichkeit eingehaucht werden. mit dieser thematik beschäftigt sich das legendäre werk frankenstein von mary shelly, wo damit experimentiert wird, wie es aussehen könnte, wenn dieser prozess zwanghaft durchgeführt wird. 

seitdem der mensch sich mit der thematik des unterschiedes zwischen dem selbst und des dings beschäftigt, eifern die beiden instanzen der jeweils anderen nach. so versucht der mensch dinge in form von maschinen in ihrer perfektion zu imitieren und gleichzeitig maschinen mit der intention den menschen nachzuahmen zu schaffen. 

ein ding kann jedoch auch in der intention eines menschen agieren und dadurch einen anderen menschen bewegen. um ein ding zu schaffen muss physiche und mentale energie aufgewandt werden, welche sich danach in anderer form durch das ding in einem anderen menschen manifestiert. 

die grenzen zwischen dem mensch und dem ding können in dieser symbiotischen beziehung unklar werden. 

geht man einen schritt weiter lässt sich die vermutung auf- stellen, dass alles existente miteinander verbunden ist und in einem ständigen dialog miteinander interagiert. in der philosophie ist dieses konzept der ‚nondualität‘ oder ‚allsympathie‘ ein bestehendes thema. 

wenn man nun mit dieser erkenntnis in die reale welt zurückkehrt, dann sieht man, dass alles in ständigem austausch zueinander steht und einander beeinflusst. etwas dynamisches kann nur dynamisch sein weil etwas statisches statisch ist. ohne die geraden ecken des papiers wären die geschwungenen linien nicht als geschwungen zu erkennen weil kein anderer zustand als geschwungen bekannt wäre. 

die grundauffassung des menschen ist, dass alles voneinander getrennt existiert und nur durch eine physische berührung mit dingen oder anderen menschen im raum interagiert werden kann. 

ich existiere hier, das objekt existiert dort. bin ich also nicht auch dort, dann haben wir keine verbindung zueinander. sieht man jedoch den raum, der zwischen allem existierenden befindlich ist, als ein eigenes ding an, dann kann dieser negativraum als die verbindung zwischen allem gesehen werden. er verändert sich um den menschen herum wenn dieser sich bewegt. diesen negativraum zu verändern ist eine alltägliche aktion des menschen. empfinde ich positive emotionen einer person gegenüber nähere ich mich ihr und gestalte den raum kleiner und umgekehrt. 

unsere arbeit stellt einige dieser aspekte plakativ dar. grundlage ist ein von uns geschaffenes ding, welches mithilfe mentaler und physischer kraft geformt wurde, und diese in veränderter form auf andere menschen weiterübertragen soll. es besteht aus einem silbernen tuch, welches an zwei enden an holzleisten genagelt und mit schnallen zum leichteren führen versehen wur- de. 

einer der aspekte, welche die requisite aufzeigen soll, ist wie sich der raum zwischen menschen stetig durch ihre be- wegungen zueinander verändert. dies soll das tuch symbolisieren. es verbindet die holzstäbe miteinander, an denen sich die menschlichen hände festhalten und macht damit den dazwischenliegenden negativraum zu einem positivraum. seine leichtigkeit und sein glanz sollen die dynamik des zwischenraumes darstellen. 

die zwei holzstäbe dienen der übertragung physischer energie in den körper des anderen. da die bereits zuvor thematisierte übertragung der kräfte auf verschiedene wege erfolgen kann, können die stäbe durch schnallen an jeglichen extremitäten befestigt werden. die dadurch ent- stehenden interaktionen können von sowohl unterstützen- der als auch entgegengesetzter natur sein. 

im verlauf des filmes befinden sich zwischen den einzelnen se- quenzen kurze blackscreens. die kurzen sequenzen sollen (unterstützt durch ihre musikalische untermalung) als einzelne kleine szenarien angesehen werden, die in ihrer narrative jedoch komplett verschieden sind. die schwarzen pausen sollen also nicht als unter- brechung sondern das alles verbindende element zwischen den einzelnen teilen gesehen werden, so wie der negativraum das verbindende element zwischen allem existierenden ist.


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